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Die Judenverfolgunfg im Dritten Reich (1941-1942)

Die Judenverfolgunfg im Dritten Reich (1941-1942)

I. Einleitung

II. Im Allgemeinen.

III. Polen unterm Hakenkreuz.

IV. Exekutionen im Osten.

V. Die “Aussiedlung” (1942).

VI. Deportationen im Westen.

VII. Auschwitz.

VIII. Deutschland wird “judenrein”.

IX. Literaturverzeichnis.

I. Einleitung.

Die Naziordnung ließ nach sich die Spuren der Verbrechen, die zu jener

Zeit nicht alle für Verbrechen hielten.

Unter Untaten und Verbrechen belegt die Judenverfolgung einen mehr als

bedeutenden Platz.

In dieser Arbeit wird dieses Thema behandelt.

Es besteht ein Risiko, sich bei der Systematisierung von nazistischen

Untaten von dem zu behandelnden Thema zu distanzieren. Deshalb lassen wir

uns alle Verallgemeinerungen entgehen. Wir konzentrieren uns auf Zeugnisse

von unberühmten, aber bestimmten Personen, die den unmenschlichen

Experimenten zum Opfer fielen.

Man kann uns beschuldigen, dass die Zeugnisse einen zu privaten

Charakter haben. Wir sehen diese Beschuldigungen voraus. Unser

Kontrargument ist, dass aus solchen “unberühmten” Zeugen die Armee von

Opfern besteht, die sowieso berühmt ist.

Das muss nicht beweisen werden. Weil die Beweise bis jetzt nicht

“ausgerottet” werden können, obgleich es die Leute gibt, die darauf Augen

zuzudrücken versuchen.

Es lohnt sich den ganzen Umfang der Verwirklichung von der Politik,

die auf der Rassentheorie basierte, an Beispielen von ihren östlichen

(Riga, Warschau, Breslau) und westlichen (Amsterdam, Auschwitz usw.)

Richtungen bei der Losung “judischer Frage” zu zeigen. Wir beschränken uns

auf den Zeitabschnitt 1941 - 1942. Als Epigraph zur Beschreibung einer

jeden Aktion wird die Rede von Nazisleaders angeführt. Dadurch wird ihre

Politik ohne weiteren Kommentar illustriert.

Hoffentlich wird diese Arbeit ein Beitrag zur Ermahnung an die

Ereignisse, die nie vergessen sein müssen.

II. Im Allgemeeinen.

Merke, es gibt Untaten, über

welche kein Gras wächst.

J. P. Hebel

Der 9. November 1938 wird in der deutschen Geschichte für immer ein

Datum der Schande bleiben. In der sogenannten “Reichskristallnacht” wurden

in ganz Deutschland die Schaufenster der judischen Geschäfte

eingeschlagen, die Synagogen angezündet und Zehntausende jüdischer Bürger

in die Konzentrationslager verschleppt. Dieser zentral gelenkte Pogrom war

nur das Vorspiel zum staatlich organisierten, industriell betriebenen

Massenmord an den Juden in Deutschland und allen besetzten Ländern

Europas.

Schon während des zweiten Weltkrieges, als die Kamine von Ausschwitz

noch Tag und Nacht rauchten, verfassten jüdische Augenzeugen Berichte über

das Martyrium ihres Volkes und das Wüten der Mörder. Im Versteck, in

Ghetto und Lagern, vor den Augen des Feindes, unter Lebensgefahr und oft

noch im Angesicht des Todes schrieben die Verfolgten ihre Erlebnisse auf.

Viele versteckten ihre Tagebücher und vergruben ihre Notizen, weil sie

hofften, jemand könnte eines Tages ihre Aufzeichnungen finden, falls sie

selbst nicht am Leben blieben.

Es entstand eine neue Literatur, geboren aus dem drängenden Bedürfnis,

den Mitmenschen kundzutun, was man erlebt und gesehen hatte. Dieses

Bewusstsein der missionarischen Verpflichtung, eine Nachricht zu

überbringen, das heute manchen fremd anmuten mag, war damals aufrichtig

und allgemein. Selbst die Sterbenden baten die Jüngeren, die noch Kraft zu

einem Fluchtversuch hatten, die Botschaft von ihrem Leiden mit

hinauszunehmen in die Welt. Es ist keine nachträgliche Pose, wenn die

Überlebenden schreiben, dass nur dieser Gedanke sie aufrecht hielt, denn

nach dem Verlust ihrer Familie war ihnen der Tod oft vertrauter als das

scheinbar sinnlos gewordene Leben. Die Hölle, der sie ausgesetzt waren,

schien so wahnwitzig, dass sie überzeugt waren, die Welt würde ihr

Fortbestehen nicht einen Tag länger dulden, wenn sie nur die Wahrheit

erführe - ja, diese Welt selbst könnte so nicht bestehenbleiben, in der

dies möglich geworden war.

Die meisten Zeugnisse sind mit ihren Schreiben verschollen. Hier und

da fand man später hinter einer Mauer oder auf einem Dachboden ein

verstaubtes Heft, letztes Lebenszeichen eines Menschen, dessen Spur ins

Nichts führe. Einige Berichte wurden während des Krieges von Flüchtlingen

ins neutrale Ausland gebracht oder unter dem frischen Eindruck der

Erlebnisse in der Freiheit niedergeschrieben.

Jeder Überlebende glaubte etwas ganz Einmaliges und Wichtiges erzählen

zu müssen. Er verstand sich als zufälligen, vielleicht einzigen Zeugen

einer menschenvernichtenden Katastrophe. Damals waren die wenigen, die aus

Auschwitz oder dem brennenden Warschauer Ghetto entkamen, tatsächlich

Sendboten aus einer Unterwelt, von der man noch auf keine andere Art

verlässliche Nachricht empfangen hatte.

Auf Himmlers Befehl wurden zwar vor Kriegsende noch die meisten

Unterlagen seines Amtes vernichtet, aber schon die zufällig erhalten

gebliebenen Dokumente ergeben ein erdrückendes Beweismaterial. Die

Tatsachen sind heute allgemein bekannt oder könnten es zumindest sein, da

inzwischen genügend dieser Akten veröffentlicht wurden.

Die Judenverfolgung, die sich bis zum staatlich organisierten Genozid

steigerte, ist das nach umfang und Systematik sicher furchtbarste

Verbrechen der Nazis, die auch Millionen Angehöriger der slawischen Völker

ermordeten. Die Juden waren die ersten Opfer eines umfassenden

Ausrottungsprogramms zur “rassischen Neuordnung” Europas, das von eimen

siegreichen Hitlerdeutschland verwirklicht worden wäre. Ihr Schicksal

beweist, in welchen Abgrund des Verbrechens die nazistische

Raubtierphilosophie führe. An diesem Beispiel zeigt sich die Krankheit

einer ganzen Epoche. Nicht eine judische, eine deutsche Angelegenheit wird

hier verhandelt.

Mit Hitlers Machtantritt war das Ende der Demokratie in Deutschland

gekommen. Die erste Terrorwelle richtete sich gegen die deutsche

Arbeiterbewegung, in der die Nazis zu Recht ihren entschiedensten Gegner

erkannten. Die Stimme der Vernunft und der Humanität musste gewaltsam zum

Schweigen gebracht werden, bevor die neuen Machthaber ihre Pläne in die

Tat umsetzen konnten. Bald wurden alle politischen Parteien verboten.

Entsetzt erkannten die Verfolgten, dass der Staat das Verbrechen schützte:

Verbrecher hatten die Staatsmacht übernommen. Noch gab es Widerstände in

der Maschinerie, aber die Gleichschaltung hatte begonnen. Eine wüste

antikommunistische und antisemitische Hasspropaganda diente der

Einschüchterung und Disziplinierung der Bevölkerung wie der

psychologischen Vorbereitung weiterer Massnahmen, die den Terror zum

Gesetzt erhoben. Der Errichtung der Konzentrationslager für alle

politischen Gegner des Regimes folgten 1935 die Nürnberger Rassengesetzte,

die den Rückfall ins Mittelalter konstituierten.

1938 demonstrierte der neue Staat seinen kriminellen Charakter in

aller Öffentlichkeit. Der zentral gelenkte Pogrom vom 9. November, der von

der Propaganda als spontane Erhebung der deutschen Bevölkerung hingestellt

wurde, leitete mit Brandstiftung, Mord und Massenverhaftungen eine zweite

Welle von Gesetzten ein. Man nahm den deutschen Juden auf juristischem

Wege die letzten Rechte und entzog ihnen die wirtschaftliche

Existenzgrundlage, um sie zur Emigration zu zwingen.

Nach Beginn des zweiten Weltkrieges wurde der bis dahin erreichte

Stand der antisemistischen Gesetzgebund in vollem Umfang auf die von

Hitlers Truppen überfallenen Länder übertragen. Die polnischen Juden

mussten als erste das Zeichnen des Davidsterns anlegen. Sie wurden in

bewachten Ghettos gefangengehalten, in denen Hunger und Seuchen bald ein

Massensterben auslösten. In den westeuropäischen Staaten begnügte man sich

vorerst mit der Registrierung und der Einführung der

Kennzeichnungspflicht.

Mit dem Überfall auf die Sowietunion begann die nächste Etappe. An die

Stelle der Umsiedlung trat nun die Vernichtung. In allen Dörfern und

Städten von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer wurde die jüdische

Bevölkerung unter dem Vorwand einer Registrierung zusammengetrieben und

bis auf wenige, für die Truppe unentbahrliche Fachkräfte an Ort und Stelle

erschossen. Gelegentlich verwendete man auch Gaswagen, wie sie in

Deutschland bei der “Euthanasie”-Aktion eingesetzt wurden. Gleichzeitig

suchte man nach wirksameren und weniger auffälligen Tötungsmethoden.

An mehreren Orten im besetzten Polen, deren Namen heute die ganze Welt

kennt, wurden besondere Anlagen mit Gaskammern und Krematorien errichtet,

in dennen der Massenmord industriell betrieben werden konnte. 1942

erreichtete die Verfolgung ihre höchste Stufe: das prinzip der Deportation

und Vernichtung wurde auf alle von Hitlerdeutschland besetzten Länder

angewandt. In Polen wurde ein Ghetto nach dem anderen mit barbarischer

Brutalität geräumt und die gesamte Bevölkerung - Männer, Frauen, Kinder

und Greise - in Güterzügen zur Hinrichtung gefahren.

In Westeuropa wiederholte sich dieselbe Tragödie, überall begann nun

die grosse Menschenjagd. Wer nicht freiwillig zum Sammelplatz ging, den

holte die Polizei. Aus allen Himmelsrichtungen des Kontinents rollten die

Transporte in die Todeslager.

In Auschwitz-Birkenau entstand die zentrale Vernichtungsanlage, die

schliesslich eine Tageskapazität von 9000 vergasten und verbrannten

Menschen erreichte. Gleichzeitig befand sich hier das grösste

Konzentrationslager, in dem hunderttausende von Deportierten als

Sklavenarbeiter für die deutsche Grossindustrie gehalten wurden, bis man

auch sie als arbeitsunfähig vergaste oder verbrannte.

Die deutschen Juden hatten den längsten Leidensweg und gingen durch

alle seine Stationen. Sie starben in den Ghettos von Lodz und

Theresienstadt, in den Erschiessungsgruben von Riga und Minsk oder in den

Gaskammenr von Auschwitz und Treblinka. Nach achtjährigem Pariadasein

brachten sie nur noch wenig Widerstandskraft auf, als die Abtransporte

nach dem Osten begannen. Von der deutschen Bevölkerung wurden die

Deportationen - wie alle anderen Verbrecher der Nazis - fast

widerspruchslos hingenommen. Während es in den europäischen Nachbarländern

selbst unter deutscher Besatzung zahlreiche Akte des Protestes und der

Solidarität gab, blieben in Deutschland die Kirchen stumm und Versuche von

Widerstand und Hilfe für die Verfolgten die Ausnahme.

Überall in Europa wurde ein stiller, zäher Kampf um falsche Pässe, um

Waffen und um Obdach für die Untergetauchten gefürt. Aber das stärkste

Beispiel mutiger Auflehnung gab die polnische Judenheit. Es war das

Warschauer Ghetto, das 1943 zur letzten Schlacht antrat für das Recht des

Menschen, wie ein Mensch zu sterben. Die Flamme des Aufstandes griff auf

andere Ghettos und Todeslager über und wirkte bis in die Reihen der

westeuropäischen Résistance als Signal und Ermutigung.

Nach dem Beginn der sowjetischen Gegenoffensive begannen die Mörder,

die Vernichtungslager einzuebnen. Sie liessen auch die riesigen

Massengräber öffnen und die Leichen verbrennen, um keine Spuren ihrer

Verbrecher zu hinterlassen. Gleichzeitig wurden die Vergasungen in

Auschwitz noch ununtergebrochen fortgesetzt, nur vorübergehend

eingeschränkt durch die Bedürfnisse der Kriegswirtschaft, die mit der

Zielsetzung des Rassenwahns in Widerspruch geriet. 1944, zur Zeit der

alliierten Invasion, erfuhr der Massenmord mit der Deportierung einer

halben Million ungarischer Juden seinen grausigen Höhepunkt. Ein Wettlauf

mit der Zeit begann.

Gegen Kriegsende wurden die Insassen der Konzentrationslager auf

Gewaltmärschen ins Innere Deutschlands getrieben. Tausende fanden nich

wenige Tage vor der Befreiung den Tod. Kein Häftling sollte in die Hände

der Sieger fallen. Man fürchtete lebende Zeugen.

Ein Jude, der im besetzten Europa überleben wollte, musste nicht

einem, er musste hundert Toden entkommen. In jeder Stadt, in jeder Strasse

lauerten auf ihn die Menschenfänger. Ihr Netz war eng und undurchlässig,

und wer ihnen einmal entkam, war noch nicht gerettet.

Einige von Zeugen konnten noch rechtzeitig auf legalem Wege ihre

Heimat verlassen. Die meisten hatten einen gefährlicheren Weg. Sie

entkamen den Razzien, flohen aus den Ghettos und brachen aus den

Deportationszügen aus. Sie lebten im Versteck oder mit falschen Papieren,

schlugen sich in neutrale Länder durch oder gingen in die Wälder zu den

Partisanen. Das Lager haben nur die wenigen überlebt, die bessere

Lebensbedingungen hatten, weil sie als Ärzte oder Bürokräfte für die SS-

Verwaltung arbeiteten, oder jene, die erst im letzten Kriegsjahr

eingeliefert wurden und noch besonders widerstandsfähig waren. Jeder von

ihnen hätte eine Odyssee zu berichten.

Die Jahre vergehen, die Spuren von Blut und Asche sind verblasst. Über

der gemarterten Erde Polens und der ehemaligen Sowjetunion, auch auf dem

Boden der früheren Vernichtungslager und Erschiessungsgruben, wächst ein

Gras, und mit ihm wächst die Gefahr des Vergessens.

III. Polen unterm Hakenkreuz.

“Heute, mein Führer, steht das Volk einiger denn je um sie geschart.

Was Sie von diesem Volk fordern werdern, es wird freudig alles in blindem

Vertrauen geben. Es wird in blindem Vertrauen dem Führer folgen. Wie ein

stählerner Block im glühenden Feuer gewaltiger Ereignisse ist heute die

Einheit Deutschlands.

Das Volk geht dorthin und wird dorthin marschieren, wohin Sie die

Richtung geben. Sei es zum erwünschten Frieden, sei es aber auch zum

entschlossensten Widerstand.

Niemals aber haben wir, das deutsche Volk, freudiger und überzeugter

und entschlossener den Willen bekundet: Führer befiehl, wir folgen”.

Hermann Göring.

Die Judenverfolgung in Polen beschränken sich natürlich nicht mit dem

Zeitabschnitt von 1941 bis 1942. Sie haben eine lange Vorgeschichte.

Historisch gesehen, die Beziehungen zwischen Bevölkerung Polens und

Deutschlands waren immer gespannt. Davon zeugen zahlreiche lokale

Konflikte, die später in die Kriege übergangen. Territoriale Ansprüche von

beiden Seiten verschärften die Situationen an der Grenze.

Deutschland hat während des zweiten Weltkrieges alle Bilanzen gezogen.

Die ersten Schösse knallten nämlich auf dem Gelände von Polen. Dieses Land

wurde zum ersten Objekt der deutschen Aggression. Die Truppen der

deutschen Soldaten marschierten am 1. September 1939 ein im Einklang mit

Panzer- und Flugzeugemotorengebrüll. Polen gab blitzschnell den Widerstand

auf. Es fiel unter die Stiefel von Siegern.

“Hitlerkameraden” konnten sich aber mit einem blossen Untergang von

Polen nicht befriedigen. Das Land verwandelte sich zu einem der

schlimmsten Polygonen, wo die Rassenpolitik durchgemacht wurde.

Es lohnt sich nicht, die ganze bürokratische Begründung (eine Menge

von Unterlagen) anzuführen, um das, auf welche Weise das System der

Judenverfolgung aufgebaut wurde, zu zeigen. Es wird eine kurze Verordnung

von 14. November 1939 reichen:

“Erhebliche durch die Juden verursachte Missstände im öffentlichen

Leben des Verwaltungsbereichs des Regierungspräsidenten zu Kalish

veranlassen mich, für den Verwaltungsbereich des Regierungspräsidenten zu

Kalish folgendes zu bestimmen:

§ 1

Als besonderes Kennzeichen tragen Juden ohne Rücksicht auf Alter und

Geschlecht am rechten Oberarm unmittelbar unter der Achselhöle eine 10 cm

breite Armbinde in judengelber Farbe.

§ 2

Juden dürfen im Verwaltungsbereich des Regierungspräsidenten zu Kalish

in der Zeit von 17 - 8 Uhr ihre Wohnung ohne meine besondere Genehmung

nicht verlassen.

§ 3

Zuwiderhandlungen gegen diese Verordnung werden mit dem Tode bestraft.

Bei Vorliegen mildender Umstände kann auf Geldstrafe in unbeschränkter

Höhe oder Gefängnis, allein oder in Verbindung miteinander, erkannt

werden.

§ 4

Diese Verordnung tritt bis auf die Bestimmung in § 1 sofort von 18.

November 1939 ab in Kraft.

Lodz, den 14. November 1939.

Der Regierungspräsident zu Kalish

Übelhör”.

Hinter den ganz offiziell und absolut neutral klingenden Wörtern

versteckt sich der Begriff “Ghetto”. Eine von Häflingen Mary Berg

beschreibt in irhen Tagebüchern, die sie später (“Zwei Jahre im Warschauer

Ghetto”) genannt und veröffentlicht hat, ihr Leben darin. Jede Seite ist

ein kompromissloses Zeugnis und eine offene Beschuldigung:

“15. November 1940.

Heute wurde das judische Ghetto offiziell eingerichtet. Es ist den

Juden verboten, sich ausserhalb seiner Grenzen zu bewegen, die von

bestimmten Strassen gebildet werden. Es herrscht grosse Aufregung. Die

menschen eilen nervös in den Strassen hin und her und geben flüsternd

Gerüchte weiter, eines phantastischer als das andere.

Die Arbeit an den Mauern, die fast drei Meter hoch werden sollen, hat

schon begonnen. Von Nazi-Soldaten bewacht, schichten jüdische Mauer Ziegel

auf Ziegel. Wenn einer nicht schnell genug arbeitet, wird er von den

Aufsehern geschlagen. ich muss an unsere Sklaverei in Ägypten denken, wie

sie in der Bibel beschrieben ist. Aber wo ist der Moses, der uns aus

dieser neuen Knechtschaft führen wird?

Am Ende der Strassen, die noch nicht völlig für den Verkehr gesperrt

sind, stehen deutsche Wachen. Deutsche und Polen dürfen das abgesperrte

Viertel betreten, aber keine Pakete bei sich tragen. Das Gespenst des

Hungertodes steht uns allen vor Augen”.

Die Nazisverbrecher äusserten eine feine Erfindlichkeit beim

Einrichten des Ghettos. Als hätten sie vorausgesehen, dass sie für ihre

Taten Verantwortung tragen werden (nicht die propagierte, sondern ganz

reale), machten sie alles so, dass es die Möglichkeit gab, sich in einem

Gerichtsprozess zu verteidigen. Ein jeder Nazi, sogar derjenige, der ein

unmittelbarer Vollzieher der Rassentheorie, konnte die Beschuldung

ablehnen. Er hatte immer das Argument, er habe Folge dem Befehl des

Obergestellten geleistet, wenn das aber nicht funktionierte, er hatte noch

eine Chance, und zwar: er selbst habe niemanden totgeschlagen oder

geschossen. Die Juden starben selber. Er weiss nicht, woran das gelegen

habe - vielleicht am Hunger oder an der Kälte. Diese Erscheinung befanden

sich aber ausserhalb seiner Befugnisse.

Inzwischen funktionierte der Mechanismus des Massenmordes weiter.

Kälte, Hunger, Blokade und Beschränkung der Bewegungen arbeiteten mit

Nazis Hand in Hand zusammen:

“4. Januar 1941.

Das Ghetto liegt im tiefen Schnee. Es ist schrecklich kalt, und keine

Wohnung ist geheizt. Wo ich auch hingehe, finde ich die Menschen in Decken

gehüllt oder unter Federbetten zusammengekauert, soweit diese warmen

Sachen nicht schon von den Deutschen für ihre Soldaten beschlagnahmt

worden sind. Die bittere Kälte macht die deutschen Posten, die an den

Ghettotoren Wache stehen, noch grausamer als sonst. Wenn sie durch den

tiefen Schnee auf und ab stapfen, schiessen sie von Zeit zu Zeit. Nur so,

um sich aufzuwärmen. Viele Passanten werden ihre Opfer. Andere Wachen, die

sich während ihres dienstes langweilen, organisieren sich eine besondere

unterhaltung. Sie wälen sich zum Beispiel ein Opfer unter den zufällig

Vorübergehenden und befehlen ihm sich mit dem Gesicht in den Schnee zu

werfen. Wenn er einen Barr trägt, reissen sie ihn aus, bis der Schnee sich

vom Blut rot färbt. Falls so ein Nazi schlechter Laune ist, kann auch der

judische Polizist, der mit ihm Wache steht, das Opfer sein.

Gestern beobachtete ich, wie ein deutscher Gendarm einen judischen

Polizisten auf der Chlodna-Strasse, in der nähe des Durchgangs vom grossen

zum kleinen Ghetto, “exertieren” lies. Der junge Mann war zum Schluss

völlig auser Atem, aber der nazi zwang ihn weiter auf und nieder, bis er

in einer Blutlache zusammenbrach. Jemand rief nach einen Krankenwagen, und

der judische Polizist wurde auf eine Bahre gelegt und mit einem Handwagen

fortgebracht. Im ganzen Ghetto gibt es nur drei Krankenwagen, deswegen

werden meistens Handwagen benutzt...”.

Um sich zu versichern, dass getroffene Massnahmen effektiv sind,

beschränkten Nazisverbrecher die Lieferungen von Lebensmitteln nach

Ghetto.

“28. Februar 1941.

Die Brotknappheit wird immer schlimmer. Auf die Lebensmittelkarten

gibt es sehr wenig, und auf dem Schwarzen Markt kostet ein Pfund Brot

jetzt zehn Zloty. Das Brot ist schwarz und schmekt nach Sägespänen.

Weisses Brot kostet sogar 15 bis 17 Zloty. Auf der “arischen” Seite sind

die Preise viel niedriger”.

Und gleichzeitig wurde Ghetto mit neuen Opfern, die aus Fluchtlingen

bestanden, immer mehr bepackt. Es herrschte totale Antisanitärie. Im

Winter 1941 zugefrorene Abwässerrören wurden nie renoviert. Der Mangel an

Arzneien führte zur Gefahr der Cholera-Epidemie.

Das war aber nicht der Schluss, der den Becher des Unglücks zum

Überlaufen bringen könnte. Der Mensch kann viel erdulden, wenn er in

psychologischer Ruhe ist. Das verstanden die Nazi und als das letzte

Mittel wurde von ihnen Desinformation erschöpferischen Charakters in Gang

gesetzt:

“17. April 1942.

Das ganze Ghetto war heute in Panikstimmung. Die Leute verschlossen

eilig ihre Läden. Es lief ein Gerücht um, dass ein besonderes

“Vernichtungskommando”, das schon den Pogrom in Lublin verübt hat, in

Warschau angekommen sei, um auch hier ein Massaker zu organisieren”.

Wir haben die Zeilen nur von einem Menschen angefürt.

Also nur von einem Opfer.

Insgesamt betrug die Zahl von Opfern 4800000 Menschen, unter denen

1600000 ums Leben gekommen sind.

IV. Exekutionen im Osten.

“Ich will hier vor Ihnen in aller Offenheit auch ein ganz schweres

Kapitel erwähnen. Unter uns soll es einmal ganz offen ausgesprochen sein,

und trotzdem werden wir in der Öffentlichkeit nie darüber reden...

Ich meine jetzt die Judenevakuierung, die Ausrottung des jüdischen

Volkes. Es gehört zu den Dingen, die man leicht ausspricht.- “Das jüdische

Volk wird ausgerottet”, sagt ein jeder Parteigenosse, “ganz klar, steht in

unserem Program, Ausschaltung der Juden, Ausrottung, machen wir”... Von

allen, die so reden, hat keiner zugesehen, keiner hat es durchgestanden.

Von euch werden die meisten wissen, was es heisst, wenn 100 Leichen

beisammenliegen, wenn 50 daliegen oder wenn 1000 daliegen. Dies

durchgestanden zu haben und dabei - abgesehen von Ausnahmen menschlicher

Schwächen - anständig geblieben zu sein, das hat uns hart gemacht. Dies

ist ein niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt

unserer Geschichte”.

Heinrich Himmler in einer Rede vor

SS-Führern in Posen am 4. Oktober 1943.

Exekutionen im Osten hatten ein vielfaltigen Charakter.

Dass Hitler in seinem Programm die Absichten äusserte, die

Untermenschen zu vernichten, zu denen ausser Juden auch Slaven gehörten,

ist weltbekannt.

Die Handlungen von Nazis verbreiteten sich auf Russen, Polen,

Ukrainern, Tschechen und Slovaken. Bis jetzt sind die Stellen der

Massenmorde nicht zu vergessen.

Ein besonderer Punkt ist der Krieg mit Partisanen. Dass die Menschen

auf dem besetzten Gelände Widerstand leisten, war ausserhalb des deutschen

Verständnisses. Darüber hinaus wurden die Menschen, die an der Teilnahme

an der Partisanenbewegung verdächtigt gewesen waren, sehr hart behandelt.

Zahlreiche Foltern, mittelälterische Erfindlichkeit beim Umbringen,

Verfolgerungen der Verwandten bleiben bis jetzt im Gedächtnis der

Öffentlichkeit.

Natürlich wurden Juden von Nazis nicht ausser Acht gelassen.

Aus dem Tagebuch des SS-Hauptscharführers Felix Landau.

“11.07.1941. Um 11 Uhr Abends kamen wir zurück zur Dienststelle.

Hochbetrieb. Unten im Keller, den ich noch vormittags ausgeräumt habe,

stehen fünfzig Häftlinge, darunter zwei Frauen. Ich löste sofort

freiwillig einen Kameraden - der bei diesen Wache hatte - ab. Fast alle

werden morgen erschossen. Die meisten Juden unter ihnen waren aus Wien.

Sie träumten noch immer von Wien. Ich mache bis drei Uhr früh des anderen

Tages Dienst. Hundemüde komme ich dann endlich um halb vier Uhr ins Bett.

12.7.41. Um sechs Uhr früh werde ich plötzlich aus meinem festen

Schlaf geweckt. Zur Execution antreten. Nun gut, spiele ich halt noch

Henker und anschliessend Totengräber, warum nicht. Ist doch eigentümlich,

da liebt man den Kampf und dann muss man wehrlose Menschen über den Haufen

schiessen. Dreiundzwanzig sollten erschossen werden. Darunter befinden

sich die schon erwähnten Frauen. Sie sind zu bestaunen. Sie weigerten

sich, von uns auch nur ein Glas Wasser anzunehmen. Ich werde als Schütze

eingeteilt und habe eventüll Flüchtende zu erschiessen. Wir fahren die

Landstrasse einige Kilometer entlang und gehen dann rechtseitig in einen

Wald. Wir sind nur sechs Mann augenblicklich und suchen nach einem

geeigneten Ort zum Erschiessen und Vergraben. Nach wenigen Minuten haben

wir so etwas gefunden. Die Todeskandidaten treten mit Schaufeln an, um ihr

eigenes Grab zu schaufeln. Zwei weinen von allen. Die anderen haben

bestimmt erstaunlichen Mut. Was wohl jetzt in diesem Augenblick in den

Gehirnen vorgehen mag? Ich glaub, jeder hat eine kleine Hoffnung,

irgendwie doch nicht erschossen zu werden. Die Todeskandidaten werden in

drei Schichten eingeteilt, da nicht so viele Schaufeln hier sind.

Eigentümlich, in mir rührt sich nichts. Kein Mitleid, nichts. Es ist eben

so, und damit ist alles für mich erledigt...”.

Merkwürdig ist, dass der Mensch, der Tagebücher führt und hat

vielleicht das Bedürfnis, seine Taten einzuschätzen, völlige

Gleichgültigkeit zeigt. Wir behandelten aber einen zu privaten Fall. Eine

mehr generalisierte Information stellt uns der gebietskomissar Gert Erren

in seinem Bericht “Freudigster Arbeitseinsatz” zur Verfügung.

Punktualität, Sachkündigkeit und schon erwähnte völlige Gleichgültigkeit

verbinden sich in jeder Zeile. Wir führen nur diejenigen an, die unser

unmittelbares Thema betreffen:

Judentum:

“Bei meiner Ankunft zählte das Gebiet Slonim etwa 25000 Juden, davon

allein in der Stadt Slonim etwa 16000, also über zwei Drittel der gesamten

Stadtbevölkerung. Ein Ghetto einzurichten war unmöglich, da weder

Stacheldraht noch Bewachungsmöglichkeiten vorhanden waren. Daher traf ich

von vornherein Vorbereitungen für eine künftige grössere Aktion. Zunächts

wurde die Enteignung durchgeführt und mit dem anfallenden Mobiliar und

Gerät sämtliche deutsche Dienststellen, einschliesslich

Wehrmachtquartiere, ausgestattet und so weit grosszügige Hilfeleistung bei

anderen Gebieten gestellt, dass jetzt beim Anwachsen aller Dienststellen

bei mir selbst Mangel herrscht. Für Deutsche unbrauchbares Zeug wurde der

Stadt zum Verkauf an die Bevölkerung freigegeben und der Erlös der

Amtskasse zugefürt. Dann folgte eine genaue Erfassung der Juden nach Zahl,

Alter und Beruf, eine Herausziehung aller Handwerker und Facharbeiter,

ihre Kenntlichmachung durch Ausweise und gesonderte Unterbringung. Die vom

SD am 13.11. durchgefürte Aktion befreite mich von unnötigen Fressern; und

die jetzt vorhandenen etwa 7000 Juden in der Stadt Slonim sind sämtlich in

den Arbeitsprozess eingespannt, arbeiten willig aufgrund ständiger

Todesangst und werden im Frühjahr genauestens für eine weitere

Verminderung überprüft und aussortiert. Das flache Land wurde eine

Zeitlang grosszügig von der Wehrmacht gesäubert; leider nur in Orten unter

eintausend Einwohnern. In den Rayonstädten wird nach der Durchführung der

hilfsarbeiten für die West-Ost-Bewegung das Judentum bis auf die

notwendigsten Handwerker und Facharbeiter ausgemerzt werden. Da die

Wehrmacht nicht mehr bereit ist, Aktionen auf dem flachen Lande

durchzuführen, werde ich die gesamten Juden des Gebietes in zwei oder drei

Rayonstädten zusammenfassen, nur in geschlossen Arbeitskolonnen einsetzen,

um damit endgültig Schleichhandel und Partisanenunterstützung durch Juden

auszurotten. Die besten Fachkräfte unter den Juden müssen unter Aufsicht

in meinen Handwerkerschulen ihre Kunst intelligenten Lehrlingen

weitergeben, um einmal den Juden auch im Handwerk entbehrlich zu machen

und auszuschalten”.

V. Die “Aussiedlung” (1942).

“Aus dem Generalgouvernement werden jetzt, bei Lublin beginnend, die

Juden nach dem Osten abgeschoben. Es wird hier ein ziemlich barbarisches

und nicht mehr zu beschreibendes Verfahren angewandt, und von den Juden

selbst bleibt nicht mehr viel übrig. Im grossen kann man wohl feststellen,

dass 60 Prozent davon liquidiert werden müssen, während nur 40 Prozent bei

der Arbeit eingesetzt werden können. Der ehemalige Gauleiter von Wien

(Globocnik), der diese Aktion durchführt, tut das mit ziemlicher Umsicht

und auch mit einem Verfahren, das nicht allzu auffällig wirkt”.

Josef Göbbels in seinem Tagebuch am 27. März 1942.

Die Aussiedlung wurde aus vielen Gründen durchgeführt. Zahlreiche KZ

wurden überfüllt. Deutsche meinten, es hatte keinen Sinn, die ganze Masse

von Häftlingen “zu pflegen”. Sie brauchten Essen, Kleidung und eigentlich

medizinische Bedienung, mag sie auch ganz schlecht sein. Die Ausgaben

bewährten sich nicht. Es kam zur Notwendigkeit den grössten Teil von

Häftlingen loszuwerden.

Der Massenmord hätte zu viel Zeit und Kräfte in Anspruch genommen. Die

Blokade und Hunger führten zum Massenaussterben nicht. Es blieben also

viele Leute am Leben, trotz aller unmenschlischen Bedingungen.

1942 begannen Deutsche, Deportationen von Osten durchzumachen.

Das war ein neues Trauma für Häftlinge. Man behauptet, dass sich der

Mensch an einen ganz schlimmen Alltag gewönen kann. Diejenigen, die am

Leben blieben, finden die Unterstützung in einander. Jetzt wurden sie

voneinander getrennt und wurden gezwungen, alles wieder anzufangen, eine

neue Erfahrung des Auslebens einzuspeichern.

Eine der grössten Aktion war die Deportation von Häftlingen des schon

erwähnten Warschauer Ghettos. Wir führen zwei Ausschnitte aus dem Tagebuch

eines Häftlings ohne Kommentare anzugeben, weil die Situation in diesen

Notitzen völlig geschildert ist:

“Mittwoch, 22.7.1942

Das ist also das Ende des Warschauer Ghettos, das seit fast zwei

Jahren verzweifelt um sein Leben gekämpft hat. Heute Mittag wurden Plakate

geklebt, die die Aussiedlung aller Bewohner “nach Osten”, ohne Rücksicht

auf Alter und Geschlecht, verkündeten. Man braucht sich wohl nichts

vorzumachen - diese Ankündigung ist das Todesurteil. Die Deutschen werden

nicht irgendwo “im Osten” Tausende von Menschen ansiedeln, sie ernähren

und kleiden, dieselben Menschen, die sie in Warschau konsequent

aushungerten. Es erwartet sie ein schneller oder langsamer Tod. Vielleicht

gibt es nur Hoffnung für die Helfer der Deutschen, die von der Deportation

ausgeschlossen sind: die Arbeiter in Industrie und Handwerk, Polizisten,

das Personal des Judenrates und so weiter. Diese haben sogar das Recht,

Frauen und Kinder bei sich zu behalten. Aber die übrigen? Einen sehr

deutlichen Anhaltspunkt enthält diese zynische Anordnung: Jeder Aussiedler

darf 15 kg seines Eigentums als Reisegepäck mitnehmen. Es ist erlaubt,

alle Wertsachen, wie Geld, Schmuck, Gold mit sich zu führen. Aber Gold

durften die Juden doch seit einigen Monaten nicht mehr besitzen! Stellt

euch in eine Reihe, damit wir euch töten, aber bringt die Wertsachen mit,

ihr erspart uns so viel Mühe!

Das ist also die Erklärung der Aufregung, die seit Anfang der Woche

hier um sich griff. Schon vorgestern liessen die Wachen an den

Ghettoausgängen niemanden passieren. Gleichzeitig verhaftete man mehrere

hundert Personen und brachte sie, wie ich annehme, in den Pawiak, das

Gefängnis. Es waren Ärzte, Rechtanwälte, Frauen. Man sprach von Geiseln.

heute verstehe ich mehr. Man nahm sie gefangen, um die anderen in Ruhe zu

liquidieren. Ich verstehe und begreife die Juden nicht. Lassen sie sich

wie Hammel zur Schlachtbank führen? Finden sie keinen Ausdruck des

Protestes, der Verzweiflung? Unterdessen herrschte heute ein heilloses

Durcheinander. Mittags begann die Menschenjagd durch die jüdische Polizei.

Die Deutschen mischen sich nicht viel ein. Es gibt zwei Sorten von

Uniformierten: schwarze und grüne. Sie stellten an allen Ghettoausgängen

Mascheinengewehre auf, und man hört fast ununterbrochen Schüsse - ich

vermute als Warnung. Aber diese wilde, unschöne Schiesserei dauerte schon

die ganze Nacht. Die Deutschen zielen mit ihren Gewehren in die Fenster

und schiessen mit Revolvern auf Passanten. Eine Ärztin aus dem

Kinderkrankenhaus in der Sienna-Strasse erzählte mir heute, dass es in

ihrem Gebäude kein Zimmer gibt, das nicht von aussen beschossen wurde.

Nun befasst man sich, wie es scheifnt, mit den Menschen, die nicht von

Nutzen sind. Bettler, Obdachlose und Umsiedler aus der Provinz werden

aufgegriffen und dann in grösseren Gruppen zum Platz an der Stawki-Strasse

geführt, wo ein Nebengleis der Eisenbahn endet. Unser Kundschafter war

dort und sah angeblich, wie man sie mit Hals und Gedränge in Güterwagen

verlud und diese dann mit Stacheldraht verschloss. Schlimmer als Vieh. Es

regnet, und der Anblick dieses Elends, sagt er, wäre nicht zu ertragen.

Von früh bis spät kamen heute Dutzende von Menschen ins Büro - manche

kannten wir kaum - und flehten um Aufnahme in die Arbeitsliste, um

Ausstellung einer Legitimation, um jede Art von Hilfe. Dies ist wirklich

unmöglich. Die allgemeine Panikstimmung und Angst, durch die andauernde

Schiesserei noch verstärkt, ist so schrecklich, dass ich heute abend froh

war, das Ghetto zu verlassen. Als ich dann das nahezu normale Treiben auf

den Strassen Warschaus sah, konnte ich es nicht fassen, dass ganz in der

Nähe Tausende von Menschen ins Jenseits “ausgesiedelt” werden”.

Dieser Zeit gehört der Begriff “auf der Flucht erschossen”. Tausend

Menschen wurden auf der Flucht erschossen, ohne keinen einzigen Versuch

wegzufliehen unternommen zu haben. Das Problem war, dass Deutsche keinen

Platz für Deportierte hatten. Viele von zu deportierenden schafften nicht,

die Eisenbahnwagen zu besteigen. Ihre Leichen blieben auf den Bahnsteigen.

Auf solche Weise wurden Nazis Tausende Häftlinge los. Sie haben keine

Graben gehabt, ihre Verwandten und Hinterbliebenen können bis jetzt ihre

Körper nicht finden.

Die Offen funktionierten Tag und Nacht. Die Einsätze fürs Erschissen

arbeiteten praktisch ohne Pausen. Das half aber nicht, die Sintflut von

Häftlingen nahm nicht ab.

Trotzdem mussten die KZ und Ghettos ausgeräumt werden.

“Samstag, 5.9.1942

Die Räumung und Säuberung des Ghettos von den wenigen Überlebenden

dauert an. Grundsätzlich von der Deportation ausgenommen sind nur

Arbeiter, die in besonderen Strassenzügen wohnen. Aus Angst vor einer

“Blokade” fliehen sie aus diesen Häusern, aber offiziell lebt im Ghetto

ausserhalb der “Blöcke” niemand mehr. In Wirklichkeit jedoch halten sich

noch viele Alte, Kranke und vor allem Flüchtlinge dort auf. Einige treibt

der Hunger ans Licht, andere werden von den Häschern entdeckt. In der

Nowolipie-Strasse sah ich eine bezeichnende Szene. Jüdische Polizisten

trugen auf Befehl der SS eine gelähmte oder vielleicht auch altersschwache

Frau in ihrem Stuhl aus der Wohnung. Ein Deutscher liess sie auf die

Strasse stellen, ging einen Schritt zurück und holte langsam seine Pistole

hervor. Eisiges Schweigen herrschte ringsum. Dann schaute er der Alten

direkt ins Gesicht und drückte ab.

Montag, 7.9.1942

In der Firma hatte ich diesmal Sonntagsdienst. Es scheint, die

Vernichtungsaktion wird mit der grössten Anstrengung geführt und zugleich

nähert sie sich wohl ihrem Ende. Man weiss, dass einige Menschen am Leben

bleiben - für wie lange? Es sollen 40000 bis 60000 Bewohner überleben.

Gestern bekamen diese Glücklichen sogenannte Lebensnummern. Deshalb

mussten sich alle Juden frühmorgens in der Mila-, Niska- und Smocza-

Strasse sammeln. Wer diese Menschenmasse nicht sah, der kann sich ihre

Furcht überhaupt nicht vorstellen. Diese riesige, verstörte, machtlose und

zugleich vor Angst und Unruhe brodelnde Menge bewegte sich langsam zu den

Toren, wo die Auslese stattfand. Neben den Gendarmen und SS-Männern

standen die Arbeitsherren der zerschlagenen Juden: Schulz und die

Direktoren der übrigen Fabricken. Die Leute gingen nach Arbeitsplatz und

Wohnort geordnet. Viele hatten Bündel und Lebensmittel mitgenommen.

Unverbesserlicher Trieb, etwas zu besitzen! Hier habe ich nun

furchterregende Dinge gesehen, vor allem die Trennung der Kinder von ihren

Eltern. Ein Mann mit einem sechsjährigen Kind und einem Säugling - die

Frau war schon deportiert - hatte die Chance, am Leben zu bleiben,

allerdings ohne seine Kinder. Er liess sie mitten auf der Strasse stehen

und ging zu dem bewussten Tor. “Papa”, rief die älteste Tochter. Das

vergesse ich nie. Eine Frau, die nur allein durchgelassen wurde, versuchte

trotzdem, ihren kleinen Sohn durchzuschmuggeln. Ein Deutscher trennte die

beiden und prügelte angesichts aller die Mutter mit der Peitsche, trat

nach ihr und schlug ihr mit Fäusten ins Gesicht. Als er endlich von ihr

abliess und die Frau zu sich kam, war das Kind schon fort. Es wurde mit

den anderen weggetrieben. Ich habe die nach dem Kleinen suchenden Augen

gesehen. Das vergesse ich nie. Ein alter, ungefähr achtzigjähriger Jude,

wohl der Opa, kniete vor einem SS-Mann, einer zwanzigjährigen Rotznase,

und flehte um das Leben eines Kindes, das er an der Hand hielt. Der

Deutsche lachte. Das vergesse ich nie.

Donnerstag, 10.9.1942

Es wurden etwa 30000 “Lebensnummern ausgegeben. Es ist eine Karte mit

einer handgeschriebenen, fortlaufenden Nummer, einem Stempel des

Judenrates und einer Unterschrift. Viele Juden, die alle ihre Angehörigen

verloren haben, wünschen sich den Tod und geben sogar unentgeltlich ihren

Freibrief ab. Die Frauen der Offiziere, die in Offizierslagern leben,

hatten auch Nummern erhalten, doch gestern waren sie alle auf dem

Umschlagplatz, wo man sie ihnen wieder abnahm. Die Liquidation nähert sich

ihrem Ende”.

Die Aussiedlung ist noch eine schämliche Seite der Geschichte vom 3.

Reich. Viele am Leben gebliebene Häftlinge sind Zeugen dieses Alptraums.

Ihre Erzählungen, Notitzen und Zeugnisse warnen uns, die Tendenz der

neonazistischen Erscheinungen rechtzeitig zu bemerken und sie aus unserer

eigenen Kräften vorzubeugen.

VI. Deportationen im Westen.

Holland wurde von Deutschen am 10. Mai 1940 besetzt. Seit dieser Zeit

fürten Nazis ihre Aktionen auch hier durch. Die Nederlanden haben im

Vergleich zu Russland, Polen, Frankreich nicht so viel erlebt. Es bestand

kein Massenmord von Holländern. Es gab keine KZ, die so wie Buchenwald

oder Auschwitz ins Buch der Schuld der deutschen Nation vor anderen

Völkern eingetragen wurden.

Trotzdem wurden hier Juden nicht in Ruhe gelassen. Das beste Verfahren

der Jagt auf Juden, die Nazis in diesem Land ausgewält hatten, waren

Razzien. Holland musste von Juden gereinigt werden.

Wir führen ein kurzes Zeugnis von Heinz Landwirth, einen

“Auszureinigenden”:

“Am 27. Mai hatte die letzte grosse Razzia stattgefunden. Man sah kaum

noch Juden in den Strassen, aber noch immer wohnten Hunderte von Familien

in der Afrikanerbuurt. Auch in der Stadionbuurt gab es einige jüdische

Familien. Wer noch nicht abgeholt war, würde bald abgeholt werden, daran

war nicht zu zweifeln. Es war jedenfalls höchste Zeit zu verschwinden.

Gleichzeitig mit dem Persoonsbewijs - ich wurde Johan Gerrit Overbeek,

geb. in Aalten, Gelderland, am 7. Jänner 1926 - bekam ich von der

jüdischen Widerstandsorganisation die Adresse eines Bauern in Jutphaas bei

Utrecht, zu dem ich mich zu begeben hatte. Ausserdem wurden mir

Lebensmittelkarten für einen Monat ausgefolgt. Ich durfte den

Persoonsbewijs selbst unterschreiben. Er war so gut, dass ich nie

feststellen konnte, inwiefern er gefälscht war, und man sagte es mir auch

nicht. Ich vermute, dass seine Nummer verändert war, aber das war

unbedenklich, da man bei einer Strassenkontrolle nicht gleich fürchten

musste, dass die Nummer überprüft würde. So hatte ich also jetzt alles in

Ordnung, das Abenteuer konnte beginnen. Und rascher als erwartet begann es

auch wirklich drei Tage später am Sonntag, dem 20. Juni 1943.

Dieser strahlende Sommertag war der Stichtag, an dem Amsterdam

“judenrein” werden sollte. Wer dann noch bleiben durfte, war hoher

Funktionär des Joodschen Raads, Portugiese, in Mischehe, sterilisiert oder

“Ehrenarier”. Um sieben Uhr früh wurde mit Lautsprechen verkündet, dass

sic h jede jüdische Familie mit ihrem Gepäck auf die Strasse zu begeben

hätte, die Wohnungen seien zu verschliessen. Wer nicht folge und nach

Abschluss der Aktion gefunden würde oder wer zu flüchten versuche, wurde

mit Straflager bedroht. Das Ende hatte begonnen. Die Polizeiwagen mit den

Lautsprechern fuhren fort, in andere Strassen. Es blieb merkwürdig ruhig

in unserer Gegend. Die Bündel standen gepackt. Ich hatte ein Köfferchen

mit den nötigen Dingen auf meinem Bett. Mein Entschluss, noch im letzten

Augenblick zu verschwinden, stand fest, wie aber, das wusste ich nicht.

Granaats sagte ich nichts von meiner Absicht, es wäre auch sinnlos

gewesen...”

Das ist nur ein Zeugnis. Wenn wir aber alle Zeugnisse von Menschen,

die im Westen deportiert wurden oder unter solcher Risiko standen, hier

angefürt hätten, hätte der Stoff für eine riesengrosse Bibliothek

gereicht.

Vom westlichen Gelände wurden Juden, die den Razzien nicht entgangen

sind, in KZ deportiert. Die Zahl der Opfer ist so gross, dass die

Historiker bis jetzt um die obere Grenze (von 50000 bis 100000) streiten.

VII. Auschwitz.

“Das Lager Auschwitz hat aus naheliegenden Gründen erneut darum

gebeten, den zu evakuierenden Juden vor dem Abtransport in keiner Weise

irgendwelche beunruhigenden Eröffnungen über die Art ihrer bevorstehenden

Verwendung zu machen. Ich bitte um Kenntnisnahme und Beachtung.

Insbesondere bitte ich, durch laufende Belehrungen der

Begleitkommandos bemüht zu sein, dass auch während der Fahrt den Juden

gegenüber nicht irgendwelche besonderen Widerstand auslösende Andeutungen

gemacht bzw. Vermutungen über die Art ihrer Unterbringung usw.

ausgesprochen werden. Auschwitz muss mit Rücksicht auf die Durchführung

dringendster Arbeitsvorhaben darauf Wert legen, die Übernahme der

Transporte und ihre weitere Einteilung möglichst reibungslos durchführen

zu können”.

Fernschreiben des Reichssicherheitshauptamts an seine Dienststellen in

Den Haag, Paris, Brüssel und Metz

vom 29. April 1943.

Auschwitz ist eines der schlimmsten KZ, das während der Nazizeit

funktionierte. Es gibt diejenigen, die behaupten darüber nichts gewusst zu

haben. Es gibt auch diejenigen, die dazu ein Auge zudrücken. Die

merkwürdigste Schicht von ihnen sind diejenigen, die sagen, sie haben den

Befehlen nur Folgen geleistet. Uns interessiert aber ihr Verhalten gegen

Häftlinge. Ihre Beziehung auf sie.

Aus dem Tagebuch des SS-Hauptsturmfrührers Prof. Dr. Dr. Kremer:

“28. August 1942

Zum Mützeneinkauf nach Berlin geschickt, werde ich beim Weggehen von

der Aufnahme informiert, dass der Führer vom Dienst mich zu sprechen

wünscht. Dieser teilt mir im Auftrage von Hstuf. Köbel mit, dass ich nicht

nach Berlin reisen soll.

29. August 1942

Kommandierung lt. F. L. USSZ 2150 28.8.42 18.33 Nr. 1565 zum K.L.

Auschwitz, da angeblich dort ein Arzt wegen Krankheit ausgefallen ist.

30 August 1942

Abfahrt Prag 8.15. über Böhmisch Trüben, Olmütz, Prerau, Oderberg.

Ankunft im K. L. Auschwitz 17.36. Im Lager wegen zahlreicher

Infektionskrankheiten (Fleckfieber, Malaria, Durchfälle) Quarantäne.

Erhalte streng geheimen Instruktionsbefehl durch den Standortarzt

Hauptsturmführer Uhlenbrock und werde im Haus der Waffen-SS in einem

Hotelzimmer (26) untergebracht. Stabsscharfführer Wilhelmy. Siehe Virchows

Archiv 1936!

31. August 1942

Tropenklima bei 38 Grad im Schatten, Staub und unzählige Fliegen!

Verpflegung im Führerheim ausgezeichnet. Heute abend gab’s z.B. saure

Entenleber für 0,40 RM, dazu gefüllte Tomaten; Tomatensalat usw. Wasser

ist verseucht, dafür trinkt man Selterswasser, das unentgeltlich

verabfolgt wird (Mattoni). Erste Impfung gegen Flecktyphus.

Photographische Aufnahme für den Lagerausweis.

1. September 1942

Von Berlin schriftlich Führermütze, Koppel und Hosenträger

angefordert. Nachmittags bei der Vergasung eines Blocks mit Zyklon B gegen

die Läuse.

2. September 1942

Zum 1. Male draussen um 3 Uhr früh bei einer Sonderaktion zugegen. Im

Vergleich hierzu erscheint mir das Dantesche Inferno fast wie eine

komödie. Umsonst wird Auschwitz nicht das Lager der Vernichtung genannt!

3. September 1942

Zum 1. Male an den hier im Lager jeden befallenden Durchfällen mit

Erbrechen und kolikartigen anfallsweisen Schmerzen erkrankt. Da ich keinen

Tropfen Wasser getrunken, kann es hieran nicht liegen. Auch das Brot kann

nicht schuld sein, da auch solche erkranken, die nur Weissbrot (Diät) zu

sich genommen haben. Höchstwahrscheinlich legt’s an dem ungesunden

kontinentalen und sehr trockenen Tropenklima mit seinen Staub- und

Ungeziefermassen (Fliegen).

4. September 1942

Gegen die Durchfälle: 1 Tag Schleimsuppen und Pfefferminztee, dann

Diät für eine Woche. Zwischendurch Kohle und Tannalbin. Schon erhebliche

Besserung.

5. September 1942

Heute mittag bei einer Sonderaktion aus dem F. K. L. (Muselmänner):

das Schrecklichste der Schrecken. Hschf. Thilo, Truppenarzt, hat recht,

wenn er mir heute sagte, wir befänden uns hier am anus mundi. Abends gegen

8 Uhr wieder bei einer Sonderaktion aus Holland. Wegen der dabei

abfallenden Sonderverpflegung, bestehend aus einem Fünftelliter Schnaps, 5

Zigaretten, 100 g Wurst und Brot, drängen sich die Männer zu solchen

Aktionen. Heute und morgen (Sonntag) Dienst.

6. September 1942

Heute Sonntag ausgezeichnetes Mittagessen: Tomatensuppe, 1/2 Huhn mit

Kartoffeln und Rotkohl (20 g Fett), Süssspeise und herrliches Vanilleeis.

Nach dem Essen Begrüssung des nenen Standortarztes, Obersturmführer

Wirths, der aus Waldbröl gebürtig ist. Sturmbannführer Fietsch in Prag war

sein ehemaliger Regimentsarzt. Nun bin ich eine Woche im Lager, doch bin

ich die Flöhe in meinem Hotelzimmer noch immer nicht völlig wieder los,

trotz aller Gegenmassnahmen mit Flit (Cuprex) usw.

Einen erfrischenden Eindruck hat es bei mir gewonnen, als ich dem

Adjutanten des Kommandanten meinen Antrittsbesuch machte und über seinem

Arbeitszimmer die grosse auf Papier gemalte Inschrift “Radfahrer

absteigen” las. Übrigens hängt auch in der Schreibstube unseres SS-Reviers

der bemerkenswerte Spruch:

Hast du im Leben tausend Treffer,

Man sieht’s, man nickt, man geht vorbei;

Doch nie vergisst der kleinste Kläffer,

Schiesst du ein einzig Mal vorbei.

Abends um 8 Uhr wieder zur Sonderaktion draussen”.

Unter “Sonderaktion” muss man Massenmorde und Experimente an

menschlischer Gesundheit verstehen.

Im Auschwitz wurden etwa 200000 Juden umgebracht. Ohne Kommentar.

VIII. Deutschland wird “judenrein”.

“Gleichwertig neben unserer antibolschewistischen Propaganda steht

diejenige gegen das J u d e n t u m. Jedem Volksgenossen muss es zur

unumstösslichen Gewissheit werden, dass die Juden die unerbittlichsten

Feinde unseres Volkes sind und sowohl hinter dem Bolschewismus als auch

hinter den Plutokratien stehen. Der “Deutsche Wochendienst” weist deshalb

mit Nachdruck auf seinen heutigen Beitrag über das kriminelle Wesen des

Judentums hin. Die Behandlung dieses Themas gehört in den Rahmen der

kürzig hier als notwendig bezeichneten Weckung von Hassgefühlen”.

Anweisung des amtlichen Zeitschriften-Dienstes

vom 2. April 1943.

Obwohl das Reich sein Territorium weiter vergrösserte, wurden die

Juden immer schneller vom neuen Gelände verdrängt. Diejenigen, die nicht

schafften, “neues Deutschland” zu verlassen, starben in vielen

Gefängnissen, KZ, Ghetto.

Nazis schienen ihre Ziele erreicht zu haben.

“Betr.: Evakuierungen von Juden aus dem Altreich”

1. In der Zeit vom 1. November bis 4. Dezember 1941 werden durch die

Sicherheitspolizei aus dem Altreich, der Ostmark und dem Protektorat

Böhmen und Mähren 50000 Juden nach dem Osten in die Gegend um Riga und um

Minsk abgeschoben. Die Aussiedlungen erfolgen in Transportzügen der

Reichsbahn zu je 1000 Personen. Die Transportzüge werden in Berlin,

Hamburg, Hannover, Dortmund, Münster, Düsseldorf, Köln, Frankfurt a. M.,

Kassel, Stuttgart, Nürnberg, München, Wien, Breslau, Prag und Brunn

zusammengestellt.

2. Aufgrund der Vereinbarungen mit dem Chef der Sicherheitspolizei und

des SD übernimmt die Ordnungspolizei die Bewachung der Transportzüge durch

Gestellung von Begleitkommandos in Stärke von je 1/12. Einzelheiten sind

mit den zuständigen Dienststellen des SD zu besprechen.

Die Aufgabe der Begleitkommandos ist nach der ordnungsmäßigen Übergabe

der Transporte an die zuständigen Stellen der Sicherheitspolizei in den

Bestimmungsorten erledigt. Sie kehren dann unverzüglich zu ihren

Heimatdienststellen zurück.

3. Die durch die Gestellung der Begleitkommandos entstehenden Kosten

trägt der Chef der Sicherheitspolizei. Die Kostenaufstellungen der

Polizeiverwaltungen sind nach Beendigung der Transporte zur Abrechnung an

den Chef der Sicherheitspolizei einzureichen.

Schnellbrief des Chefs der Ordnungspolizei

vom 24. Oktober 1941

Mehr als eine Million Juden sind während der Nazizeit ums Leben

gekommen. Hitlerkameraden waren sicher, die Geschichte wird sie bewähern.

Das Schiff des 3. Reichs schaukelte aber immer mehr und ging endlich

mit Ach und Krach unter Wasser der Zeit.

Das, worauf Nazis stolz waren, wurde später gegen sie benutzt. Vor dem

internationalen Gericht in Nürnberg wurde jeder aktive Täter und praktisch

jeder Ideologe zur Antwort für seine Taten gezogen.

Es verging die Zeit. Deutschland kapitulierte, wurde besetzt, in zwei

Staaten zerspaltet und wiedervereinigt.

Das, womit sich Nazis beschäftigten, wird nie vergessen sein.

Die Judenverfolgungen bleiben ein ewiger Schamfleck der deutschen

Geschichte.

     



ðåôåðàòû
ðåôåðàòû
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